Der Jugendstil

Ende der 1880er Jahre entstand eine neue Kunstrichtung, die in Deutschland als „Jugendstil“, in Italien Style de Liberty  und in Frankreich als „Art Nouveau“ bezeichnet wird. Kennzeichnend für diesen Stil ist das neuartige Ornament, das die seinerzeit üblichen historischen Stilzitate überwand. In der ersten Zeit bis um 1900 waren geschwungene, der Natur entlehnte und abstrahierte Linien das typische Merkmal des Jugendstils, später überwogen geometrische Ornamente. Die Stilperiode des Jugendstils war nur von kurzer Dauer. Dennoch ist sie von großer Bedeutung: der Jugendstil räumte den Historismus des 19. Jahrhunderts entschlossen beiseite und ebnete den Weg in die Moderne.

Die Künstler führten und propagierten ein von der Kunst durchdrungenes Leben, in dem alles, was sie umgibt, künstlerisch in Einklang gebracht werden sollte. Deshalb richteten sie ihr Augenmerk vorrangig auf die angewandte Kunst, die Dinge des täglichen Lebens, die nutzbar gemacht werden und doch Kunst sein sollten. Zu einer eigentlichen Jugendstilmalerei und -plastik kam es hingegen nur in wenigen Ausnahmen. 

Jugendstil in England 

Seine ältesten Wurzeln hat der Jugendstil in England. Hier wurde die japanische Kunst als ein völlig neuer Formenschatz besonders früh aufgegriffen und, damit einhergehend, die Hinwendung der Künstler von der Malerei zur Gestaltung der Dinge des täglichen Gebrauchs früh vollzogen.  

 

Durch den inneren Druck der Reformer und den äußeren Druck der Kolonialmächte, allen voran die Amerikaner unter Matthew Perry, beendete Japan in den 1850er Jahren seine langwährende Isolation. So wie westliche Techniken der Malerei, des Drucks und der Photographie nun nach Japan gelangten, nahmen japanische Farbholzschnitte den umgekehrten Weg nach Europa, zuerst als Verpackungsmaterial für Tee und andere Güter. In Europa wurde jedoch der hohe künstlerische Wert dieser Drucke erkannt, und es entstand eine regelrechte Sammelwut japanischer Kunst. Der Begriff „Japonismus“ wurde 1872 von dem französischen Kunstkritiker Philippe Burty geprägt. In den 1870er und 1880er Jahren unternahmen französische Sammler, Ästheten und Kunstkritiker Reisen nach Japan, was eine Reihe von Aufsätzen über die japanische Kunst und einen verstärkten Handel damit hervorrief.  

 

Japonismus in Frankreich 

Zu den Künstlern, die in Frankreich von der japanischen Kunst beeinflusst wurden, gehörten z.B. Édouard Manet, Claude Monet, Camille Pissarro, Edgar Degas, Paul Gauguin und Vincent van Gogh. 

 

Von der Stillosigkeit der zunehmenden Mechanisierung und Massenfertigung des Kunstgewerbes im Zeitalter der Industrialisierung abgestoßen, wandten sich William Morris mit seiner „Arts and Crafts„-Bewegung und andere englische und schottische Künstler in neugegründeten Handwerksgilden dem wahren Kunsthandwerk zu, um, nach dem Vorbild der mittelalterlichen Künstler, das Kunsthandwerk mit den freien Künsten wieder gleichzustellen. Auf der Grundlage der Schriften des englischen Kunsttheoretikers John Ruskin war das Ziel dieses „modern movement“ die Erziehung des Geschmacks breiter Schichten der Bevölkerung bis zu „der Wiederkehr der Schönheit auf Erden und dem Anbruch einer Ära sozialer Gerechtigkeit und menschlicher Würde“ (Henry van de VeldeZum neuen Stil).
 

Der künstlerische Aufbruch kann manchmal nicht nur der eigenen Zeit voraus sein, sondern sogar noch der unmittelbaren Zukunft vorauseilen – diesen Eindruck erwecken die Entwürfe von Christopher Dresser – vornehmlich für Metallgerät –, die bereits in den 1870er und 80er Jahren vieles vom Funktionalismus der 1920er Jahre vorwegnahmen. 

Die Jahre von 1880 bis 1940 – Vom Arts & Crafts zum Jugendstil zum Art Dèco

Dieser Textbeitrag wurde freundlicherweise größtenteils vom Bröhan Museum in Berlin zur Verfügung gestellt.

Jugendstil in Frankreich

Eine zweite Wurzel des Jugendstils lag in Frankreich. Die Abkehr von historischen Vorbildern hatten hier bereits die Impressionisten in der Malerei vollzogen. Paris war zum abendländischen Kunstzentrum und zum Umschlagplatz der neuesten Ideen geworden. Der Ostasiatika-Händler Siegfried Bing trug in Paris viel zur Verbreitung des „Japonismusbei; 1895 eröffnete er die „Galerie de l’ Art Nouveau“, nach denen später der Jugendstil in Frankreich benannt wurde. Art Nouveau wurde in Frankreich nicht derart als Protest am herrschenden Kunstgeschmack aufgefasst wie andernorts. Er ging einher mit dem Symbolismus in Malerei und Dichtung, der Suche nach einer Gegenwelt zur naturwissenschaftlich erforschbaren und von Technik beherrschten Wirklichkeit. Der Glaskünstler Emile Gallé in Nancy und Hector Guimard in Paris schufen dekorative Luxuswerke, bei denen Frische, Eleganz und Schönheit im Vordergrund standen. Beide Künstler nahmen ihre Vorbilder aus der Natur; insbesondere Gallés Kunst beruht auf einer genauen Beobachtung der Pflanzenwelt. 

Jugendstil in Belgien

Die Gestaltung alltäglicher Gegenstände wurde zum Merkmal des Jugendstils, auch der zwei herausragenden belgischen Protagonisten: Victor Horta und Henry van de Velde. Horta gebührt das Verdienst, die ersten vollständig ausgereiften Jugendstilwerke geschaffen zu haben. Er übertrug die englischen, vornehmlich auf die Fläche (Stoffentwürfe, Buchdruck) gebundenen Anregungen ins Räumliche und gestaltete Häuser von ihrer Fassade an bis ins kleinste Detail der Inneneinrichtung in dem neuen Stil. 

Das Jugendstilornament, dessen pflanzlicher Ursprung bei Horta erkennbar ist, wurde von Henry van de Velde zur Reife gebracht. Er entwickelte es zu einem abstrakten, energiegeladenen Linienornament, das er nicht als Verzierung einem Objekt aufsetzte, sondern in die Werke mit einband. Die Konstruktion und die Kräfteverhältnisse in einem Objekt werden so durch das Ornament veranschaulicht. Eine Inkunabel dieses Linienstils ist van de Veldes Kandelaber-Paar.  

Jugendstil in Deutschland

Den Hauptteil seines kunsthandwerklichen Werks schuf van de Velde in Deutschland. Hier hielt der Jugendstil in den 1890er Jahren seinen Einzug. Deutlicher als in anderen europäischen Ländern war in Deutschland die Abscheu der Avantgarde-Künstler gegen den herrschenden Stil des Historismus zu spüren, mit seiner pompösen, aber zunehmend hohlen Monumentalität. Entsprechend jung, frisch und unkonventionell waren die künstlerischen Entgegnungen etwa von Otto Eckmann, August Endell und Hermann Obrist in München. In dieser Stadt begannen viele der großen Künstler, um kurze Zeit später an anderen Zentren des Jugendstils wie Darmstadt und Berlin ihr Wirken fortzusetzen. Dem englischen Vorbild folgend gründeten Peter Behrens, Bernhard Pankok, Bruno Paul, Richard Riemerschmid und andere 1897 die „Vereinigten Werkstätten“ in München. 
 

Jugendstil in Dänemark

1904, also schon zum Ende der Jugendstilzeit hin, eröffnete Georg Jensen eine Silberschmiedewerkstatt in Kopenhagen, welche mit ihren klaren Formen die bis heute fortdauernde internationale Führungsrolle der dänischen Silbergestaltung begründete. 

Jugendstil in Österreich

In regem künstlerischem Austausch mit englischen und schottischen Jugendstilkünstlern entwickelte die Wiener Werkstätte unter der Leitung von Josef Hoffmann einen eigenen, höchst eleganten Stil. Grundform des Ornaments und eine Art Markenzeichen wurde das Quadrat. Das Material durfte, ob billig (gestanztes Blech) oder kostbar, niemals einen anderen Werkstoff imitieren. In seiner Finesse und in den ausgesuchten Werkstoffen nahm der Stil der Wiener Werkstätte vieles vom Art Déco vorweg.

Allerorten fand der Jugendstil eine jeweils eigene Ausprägung. Seine Konzentration auf das Ornament, die ihm zugrundeliegenden, schwärmerischen Utopien, seine bisweilen ungezügelte Erscheinung, vor allem aber die fehlende Auseinandersetzung mit der industriellen Serienfertigung fanden schon früh Kritik, nicht nur von außen, sondern auch von den Künstlern selbst. Die Zeit des Jugendstils blieb eine kurze Episode, die schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ihr Ende fand. Der Jugendstil bleibt faszinierend, wegen der immer wieder überraschenden Experimentierfreude, Phantasie und ästhetischen Gestaltungskraft seiner Protagonisten, und wesentlich, weil in vielem der Keim für die darauffolgenden Kunstströmungen lag.  

Weitere bekannte Künstler aus Wien:  

  • Gustav Klimt
  • Otto Wagner
  • Koloman Moser
  • Egon Schiele wurde nur 28 Jahre alt.

Das Art Dèco – die zwanziger Jahre in Deutschland – Die Weimarer Republik 

Führen wir uns zunächst die wichtigsten Ereignisse jener Zeit vor Augen: Die Weimarer Republik ist Abschnitt der deutschen Geschichte von 1918 bis 1933 bezeichnet, in dem erstmals eine parlamentarische Demokratie in Deutschland bestand. Diese Epoche begann mit der Ausrufung der Republik am 9. November 1918 und endete mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. 

Das Ende des Ersten Weltkrieges hatte durch den Vertrag von Versailles für das zivile Deutschland tiefreichende Erschütterungen gebracht. Hungersnot, Arbeitslosigkeit, Bettelei als einzige Existenzsicherung für verkrüppelte Heimkehrer aus dem ersten industrialisierten Krieg ohne heutige medizinische Möglichkeiten (Prothetik, Antibiotika, Schmerzmittel), mit 14% die höchste Säuglingssterblichkeit in Europa, Rachitis-Epidemien durch Vitaminmangel und Attentate auf führende Politiker wie MatthiasErzberger und Walther Rathenau, hervorgerufen durch Hasspredigten, prägten das politische Klima am Anfang der zwanziger Jahre in Deutschland. Eine 

Zunehmende Inflation, die sich zu einer Hyperinflation im Jahr 1923 steigerte, Putschversuche wie der Kapp-Lüttwitz- und Hitler-Ludendorff-Putsch und nachfolgende Niederschlagungen von Massenstreiks (1920: Ruhraufstand im Ruhrgebiet, 1921: Märzkämpfe in Mitteldeutschland) mit Hilfe von Freikorps hinterließen Hunderte von Toten.  

Erstausgabestelle von Rentenmarknoten in der Oberwallstraße in Berlin am 15. November 1923

Die Einführung der Rentenmark stoppte die Hyperinflation und auch der Versailler Vertrag konnte durch Dawes-Plan und Young-Plan den Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft teilweise angepasst werden. Bald setzte eine Phase wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklung und politischer Beruhigung ein. Die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich konnten durch die Verträge von Locarno erheblich gemildert werden. Der überraschende Rapallo-Vertrag mit Sowjetrussland von 1922 hatte Deutschland zurück in die Weltpolitik gebracht. Der Beitritt Deutschlands zum Völkerbund 1926 trug ebenfalls zur politischen Beruhigung bei. In diesem Zeitraum entstand eine allgemeine Entspannungsphase auf den politischen, aber auch wirtschaftlichen Ebenen. Dieses Phänomen ging von den USA aus und wirkte sich nach kurzer Zeit auch positiv auf Deutschland, Frankreich und England aus.  

Die goldenen Zwanziger 

Mit dem Begriff „Goldene Zwanziger“ wird in Deutschland der Zeitabschnitt zwischen 1924 und 1929 bezeichnet. Der Ausdruck verdeutlicht den ökonomischen Aufschwung der weltweiten Konjunktur in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Er kennzeichnet darüber hinaus eine Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur und Wissenschaft. Da dieser Aufschwung in Deutschland vor allem mit Auslandskrediten (besonders aus den USA) finanziert wurde, spricht man in diesem Zusammenhang häufig von einer Scheinblüte. Die Schrecken des ersten Weltkrieges und der spanischen Grippe (die innerhalb nur eines Jahres weltweit Millionen Menschen das Leben kostete) brachte die Menschen dazu, den Augenblick zu genießen und das Leben in vollen Zügen auszukosten. Die Einführung des Fließbandes durch Henry Ford in den USA führte dazu, dass Automobile erstmals auch für die breite Masse erschwinglich wurden und hatte ein bis dahin unbekanntes Maß an Mobilität zur Folge. Immer mehr Haushalte wurden an das Telefonnetz angeschlossen. Die Welt wurde kleiner und dem Fortschritt schienen keine Grenzen gesetzt. Der deutsche Schriftsteller Erich Maria Remarque erlangte mit seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ Weltruhm und Walter Gropius gründete das Bauhaus. Bereits zu Beginn des ersten Weltkrieges erkämpften die Frauenrechtsbewegungen In England (Sufragetten) und den USA das Frauenwahlrecht. In der Verfassung der Weimarer Republik wurde auch in Deutschland erstmalig das Wahlrecht für Frauen verankert.  

Sicherlich ist Ihnen der Kubismus ein Begriff. Damals wirkten die heute sehr bedeutenden Kunstwerke von Picasso, Braque oder Derrain außerordentlich befremdlich auf viele Bürger. Die Premiere von Bert Brechts Drama „Im Dickicht der Städte“ im Residenztheater in München wurde mehrfach von politisch rechtsgerichteten Störern unterbrochen, denn es war die Zeit der Machtergreifung der Nazis. Das Bauhaus zog 1926 von Weimar nach Dessau um, weil die konservative Landesregierung die Mittel drastisch gekürzt hatte. Deutschland erkannte 1926 die Abtrennung von Elsass-Lothringen an. Der §218 StGB wurde geändert: Zuchthaus wurde durch Gefängnis ersetzt und die Haftstrafen für einen Schwangerschaftsabbruch verkürzt. 

Die „Goldenen Zwanziger“ fanden mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 ausgehend vom Börsenkrach am Schwarzen Donnerstag in Oktober der Wallstreet in New York ein jähes und dramatisches Ende. In Deutschland brachen durch Massenarbeitslosigkeit und die galoppierende Inflation starke soziale Spannungen, die schließlich zur Machtergreifung der Nazis führten, auf.

Die goldene Zwanziger Jahre und die Damenwelt… 

In den großen deutschen Städten (allen voran Berlin) eröffnen zahlreiche Jazzclubs und das Elend der Nachkriegszeit konnte beim Charleston für wenige Stunden vergessen werden. Die Modetrends wurden kurzlebiger und genau wie heute von den Kinostars mit ihrem extravaganten Lebensstil vorgegeben, Die alten Zöpfe wurden abgeschnitten und die Bubikopf Frisur trat ihren Siegeszug an. Mit seinen für damalige Verhältnisse äußerst ungewöhnlichen Modekreationen sorgte der französische Modeschöpfer Paul Poiret für Aufsehen. Viele Entwürfe des Designers waren ohne das damals übliche Korsett tragbar. Modeikonen wie Coco Chanel nannten seinen ungewöhnlichen Stil  „barbarisch“ und lehnten ihn kategorisch ab. Dennoch war Poiret einer jener Modepioniere, die von Frankreich ausgehend den Grundstein für die lockere und elegante Mode der 20er Jahre legte.  

Sowohl die Tages- als auch die Abendkleidung orientierte sich nun zunehmend an praktischen Maßstäben. Ohne steifes Korsett konnten die Damen fließende Kleider tragen, deren Silhouette bis heute fasziniert. Make-up hingegen galt weiterhin für die normale Frau als äußerst unschicklich. Nur Schauspielerinnen, Prostituierte und sehr mutige Damen schminkten sich. Tages-Make-up war deshalb gänzlich unüblich, das Abend Make-up war dafür umso auffälliger und dramatischer.
Die Stilikonen der 20er Jahre waren insbesondere Künstlerinnen wie Louise Brooks, Gloria Swanson, Clara Bow und Josephine Baker. Zu einer perfekten Abendgarderobe gehörten ausgefallene Accessoires wie lange Perlenketten, Abendtaschen, Zigarettenetuis, Schminkdosen, edel Feuerzeuge und geschmückte Stirnbänder oder Turbane. Modedesigner, Maler und andere Künstler inspirierten sich gegenseitig und Textilien wurden zur Projektionsfläche für künstlerische Drucke der Stilrichtungen Kubismus, Surrealismus und Art Déco.

Nicht nur im Bereich der Mode, waren die Frauen der damaligen Zeit bereit neue Wege zu gehen. Durch den extremen Mangel an Männern nach dem ersten Weltkrieg, eine ganze Generation junge Männer war auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges geblieben und in den großen Städten wie Berlin war das Verhältnis Mann zu Frau eins zu vier, zwang viele Frauen ihren angestammten Platz in der Gesellschaft, der durch die drei großen K (Kinder, Küche, Kirche) definiert wurde, zu verlassen und den Platz der Männer in Industrie, Handel und Verwaltung einzunehmen. Erstmals wurde Frauen klar, dass Sie die Männer als Versorger der Familie nicht unbedingt brauchten. Der Stolz auf die eigene Leistungsfähigkeit und das damit einhergehende Selbstvertrauen sorgten dafür, dass vor allem in den Großstädten mehr und mehr Frauen ins Berufsleben drängten und finanzielle Unabhängigkeit erlangten. 

Bijouterie-Ware in Pforzheim von 1923 bis 1929 

Silber aus den Jahren 1923 bis 1929 sind sehr interessant und das aus sehr gutem Grund. Zu dieser Zeit wurden viele qualitativ extrem hochwertige Stücke in Frankreich, England aber auch in Deutschland hergestellt. Interessanterweise sind die Objekte aus Deutschland zwar nicht immer von so hoher Qualität wie jene aus Frankreich, jedoch wurde dafür quantitativ gesehen um ein vielfaches mehr produziert. Auch in England wurde zu dieser Zeit sehr viel Schmiedekunst betrieben, allerdings können diese Objekte absolut nicht mit jenen aus Deutschland mithalten, wenn man deren Qualität vergleicht. In Deutschland wurden aber nicht nur viele Stücke in Silber angefertigt, auch das Design des Art Deco Ära erlebte in dieser Ära seine Glanzzeit, was sich vor allem im zauberhaften Design vieler Stücke dieser Zeit wiederspiegelt. Zudem gibt es zahlreiche Silberobjekte mit englischen Silber-Punzen, die in Deutschland verschönert wurden, zum Beispiel mit einer Emaille. 
 
Während des 2. Weltkriegs wurde allerdings wie wir alles wissen, sehr viel zerstört und auch die Schmuckstadt Pforzheim, in der vor dem 2. Weltkrieg noch hunderte Silbermanufakturen zu finden waren, litt unter den politischen Ereignissen. So ist es auch zu erklären, warum kaum Informationen über diverse Firmen bekannt sind und es auf diesem Gebiet noch sehr viel zu recherchieren gibt, so wird vieles erst in den nächsten Jahren und Jahrzenten zum Vorschein treten. Es gab zum Beispiel viele Hersteller wie: Wagner & Ulmer, Louis Kuppenheim, Heinrich Mohr, oder Sarastro, die zwar jährlich bis zu 100 000 hochwertigste Teile herstellten, über die Silbermanufakturen selbst weiß man allerdings nahezu nichts. 

Das Art Dèco

Im Jahre 1925 wurde eine Ausstellung in Paris unter dem Namen „Exposition Internationale des Arts Décoratifs“ durchgeführt, deren Name später für den dort vorherrschend gezeigten Stil übernommen wurde: „Art Déco„. Die Ausstellung ging zurück auf eine Initiative führender französischer Künstler, die 1901 die „Société des Artistes Décorateurs“ gegründet hatten, und war ursprünglich, durch den Krieg verzögert, schon für 1915 geplant. 

„Das Überflüssige ist das Notwendige“ 

Dem Art Déco fehlt ein zugrundeliegendes Stilmerkmal oder eine stilbildende Anschauung. Vielmehr handelt es sich, inmitten des allgemeinen Aufbruchs der „Klassischen Moderne“, um eine gestalterische Verbindung von Eleganz der Form, Kostbarkeit des Materials, Intensität der Farben und Sinnlichkeit des Themas. Alles das war schon im Jugendstil angelegt – vor allem im französischen, wo man im Überflüssigen das Notwendige sah: „le superflu – chose la plus nécessaire„.

Eine Wurzel des Art Déco lag in der Gründung der Wiener Werkstätte durch die Secessionskünstler Josef Hoffmann und Koloman Moser und den Bankier Fritz Wärndorfer im Jahre 1903. Ihrerseits beeinflusst durch die geradlinigen Formen des englischen und schottischen Jugendstils um Charles Robert Ashbee und Charles Rennie Mackintosh, nahmen Hoffmann und Moser mit ihren orthogonalen Entwürfen für elegante Inneneinrichtungen vieles von dem vorweg, was noch in den späten 20er und 30er Jahren als modern gelten konnte. Mit dem Eintritt von Dagobert Peche im Jahre 1915 war der Weg der Wiener Werkstätte hin zum Art Déco endgültig festgelegt.
Das Zentrum des Art Déco (wie auch der Jugendstil) war jedoch ohne Zweifel Paris. Die großen Couturiers wie Jacques Doucet und Paul Poiret gaben durch neuartige Modeentwürfe die Vorgaben und wirkten vor allem mäzenatisch durch ihre Sammlungen und die Vergabe von Inneneinrichtungs-Aufträgen. Seine Anregungen bezog der Art Déco aus allen – auch den ihm entgegengesetzten – Strömungen der Moderne, die in Paris wie an keinem anderen Ort gebündelt waren: die Farben der Fauves um Henri Matisse; das Aufsplittern der Formen im Kubismus von Braque und Picasso; die Verehrung der Maschine durch die Futuristen um Umberto Boccioni; und sogar den auf Ornament verzichtenden Funktionalismus. 

Paul Iribe und andere führten den Art Déco in den USA ein, wo er sich über die Architektur, das Musical und den Film rasch entfaltete. In Frankreich selbst wurde der Stil nicht nur über umfassende Ausstellungen, sondern über neugegründete Einrichtungshäuser und die Entwurfsabteilungen einiger Warenhäuser wie Desny, Dominique und die Société DIM (Décoration Intérieure Moderne) verbreitet. Bei den qualitätvollsten Werken, etwa solchen des größten französischen Möbelentwerfers und Perfektionisten Jacques-Emile Ruhlmann, oder jenen der Silberschmiede Jean Puiforcat und Tétard, hält sich die Ornamentierung zugunsten klarer Formen und der reinen Oberflächenwirkung der Materialien zurück. Bei Porzellan- und Keramikdekoren, Stoffen, Plakaten und auch bei Bucheinbänden kontrastieren starke, reine Farben miteinander.

Dem Art Déco bereitete der Zweite Weltkrieg in Europa ein jähes Ende; die Stimmung der unmittelbaren Nachkriegszeit war solchem Luxus nicht gemäß. Am ehesten überdauerte der Stil in den USA, vor allem in Hollywood und New York, und floss dort auch in das Design der 50er Jahre mit ein. 

Der Funktionalismus

Tassen, Teller, Gläser, Bestecke. Einfach, praktisch und schön waren sie, ohne unnützen Zierrat, keiner Mode zu Diensten, fern jeglichem Streben nach Originalität. Als künstlerischer Leiter der Vereinigten Lausitzer Glaswerke in Weißwasser seit 1935 hatte Wagenfeld die von Seiten der Industrie aus Interesselosigkeit und Unverständnis nur selten gebotene Möglichkeit, die gesamte Produktion dieses damals größten europäischen Glaskonzerns nach und nach auf ein Niveau zu heben, wie das mit derartiger Konsequenz ein zweites Mal erst wieder seit 1955 von der Firma Braun verwirklicht wurde. Von vergleichbarer Bedeutung war der Architekt Hermann Gretsch. Aus einer der bürgerlichen Kultur des Biedermeier verpflichteten, der Tradition eines heimatverbundenen Bauens verbundenen Gesinnung heraus fand er zu einer zweckmäßigen, harmonischen Gestaltung des Hausgeräts, Geschirr aus Porzellan und Steingut, Trinkgläsern, Bestecken, die bis weit in die Nachkriegszeit und über seinen Tod 1950 hinaus einen erheblichen Einfluss ausübte. Ähnlich wie bei Wagenfeld fand Gretsch die Basis für sein Schaffen in der künstlerischen Verantwortlichkeit für die Produktion der Porzellanwerke des Kahla-Konzerns, vor allem der Porzellanfabrik Arzberg.  

Maschinenarbeit und   Industrieproduktion haben auch zu einer neuen Auffassung vom Schönen geführt,   zu einer Ästhetik des technischen Zeitalters. Seit der Gründung des Deutschen Werkbunds 1907 wurden diese Gestaltungsprinzipien öffentlich wirksam, am klarsten sind sie mit dem Begriff Bauhaus-Stil zu benennen.   

Deutscher Werkbund  

Der Deutsche Werkbundiv e. V. (DWB) wurde am 6. Oktober 1907 als wirtschaftskulturelle „Vereinigung von Künstlern, Architekten, Unternehmern und Sachverständigen“ auf Anregung von Hermann Muthesius, dem Heilbronner Politiker Friedrich Naumann und Henry van de Velde in München gegründet. Sein Sitz ist in Darmstadt.  

Die Geschichte des Werkbunds lässt sich insgesamt nur als höchst wechselhaft beschreiben. Dabei bildet der Erste Weltkrieg eine tiefe Zäsur in der Geschichte des Werkbunds. In der Anfangsgeschichte gehörten Friedrich Naumann, Fritz Schumacher, Georg Wrba, Karl Schmidt und Hermann Muthesius zu den maßgeblichen Persönlichkeiten. Der Höhepunkt und Endpunkt dieser ersten Phase war die große Ausstellung von 1914 in Köln, die den Werkbund im Zuge einer großen Ideologiedebatte (der sogenannte Typenstreit) an Rande einer Spaltung brachte. Nachdem die erste Generation der Werkbundmitglieder gegen Ende des Krieges sich zurückgezogen hatte, gelangte der Werkbund im Laufe der 1920er Jahre zunehmend unter den Einfluss der Bauhaus-Ideen; Walter Gropius war schon lange vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied, jedoch in einer gewissen Allianz mit Henry van de Velde und Bruno Taut an seinem Widersacher Muthesius 1914 zunächst gescheitert. 

Der Deutsche Werkbund zielte auf eine „Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk, durch Erziehung, Propaganda und geschlossene Stellungnahme zu einschlägigen Fragen“. Er setzte damit die schon bestehenden Ansätze der von John Ruskin inspirierten Reformbewegungen fort. Unter Berufung auf einen moralisch fundierten Qualitätsbegriff suchte man eine neue Warenästhetik für die kunstgewerbliche Industrieproduktion zu etablieren, die sich bislang überwiegend mit Kopien und Adaptionen der alten handwerklichen Formvorbilder mit ihrer oft reichen Ornamentik begnügt hatte. Zentrales Anliegen war die Suche nach einer neuen durch „Zweck“, „Material“ und „Konstruktion“ bedingten Formgebung (auch als „Form follows function“ bekannt), die man auch als „Sachlichkeit“ bezeichnete – und die in den 1920er Jahren dann unter dem Topos „Neue Sachlichkeit“ erneut thematisiert werden sollte.  

Um dem in diesem Zusammenhang beklagten Qualitätsverfall des Kunstgewerbes entgegenzuwirken, sollte nun eine den spezifischen Bedingungen der maschinellen Produktion adäquate Gestaltungsweise entwickelt werden, die sich insbesondere durch Ornamentlosigkeit und Schlichtheit der Formen auszeichnete. In den zahlreichen Publikationen und Ausstellungen des Werkbundes sollte dieser neuen Ästhetik durch beispielhafte Formgestaltungen von Gebrauchsgegenständen bei Konsumenten und Herstellern zugleich zu größerer Popularität verholfen werden. 

Das Bauhaus

Das Bauhaus, die wichtigste Kunstschule aus dieser Zeit, wollte Technik und Kunst zu einer neuen Einheit verbinden. Der Künstler musste bereit sein, in die Industrie zu gehen, und Muster schaffen, die für die Serienproduktion geeignet waren.  

Das Staatliche Bauhaus wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar als Kunstschule gegründet. Nach Art und Konzeption war es damals etwas völlig Neues, da das Bauhaus eine Zusammenführung von Kunst und Handwerk darstellte. Das historische Bauhaus stellt heute die einflussreichste Bildungsstätte im Bereich der Architektur, der Kunst und des Designs dar. Das Bauhaus bestand von 1919 bis 1933 und gilt heute weltweit als Heimstätte der Avantgarde der Klassischen Moderne auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst. Die Resonanz des Bauhauses hält bis heute an und prägt wesentlich das Bild modernistischer Strömungen. Einige wichtige Vertreter aus dieser Schule: Naum Slutzky, Marianne Brandt, Wilhelm Wagenfeld, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Le Corbusier, Mies van der Rohe um nur einige zu nennen.  

Weitere Informationen zum Bauhaus, Lehrer und deren Schüler finden Sie im Kapitel 8. 

Kunst und Industrie

Am erfolgreichsten wurde dieser Weg von Wilhelm Wagenfeld beschritten. Im  Laufe seines langen Lebens (1900-1990) entstanden hunderte von  Gebrauchs-Gegenständen, die man heute noch täglich in die Hand nimmt.